Spielbetrieb

OIS guad

Anfang Oktober fand in Unterhaching südlich von München das Open des Münchner Schachverbandes, genannt OIS (Offenes internationales Schachturnier) statt. Gespielt wurde im „bayrischen Modus“: 9 Runden – in 9 Tagen! Ein ähnlicher Modus wurde noch vor einigen Jahren bei unserer Stadtmeisterschaft angewendet.

Ich entschloss mich, teilzunehmen, und machte eine gute Woche Urlaub in Bayern. Im A-Open mit 91 Teilnehmern gingen zehn Titelträger ins Rennen. Am Ende gewann der einzige Großmeister, Egor Krivoborodov, nach Buchholz vor dem internationalen Meister Robert Zysk (beide 7/9).

In der Tat bot das Geschehen an der Spitze wenig Überraschungen; der Turniersieger etwa kämpfte seine Partien gegen die Rivalen meist nicht aus, sondern verabschiedete sich kurzzügig ins Remis. Den hauchdünnen Vorsprung verdankte er einem spektakulären Sieg über FM Thomas Höfelsauer; Zysk zog in der Schlussrunde ein günstiges Los und konnte als einziger aufschließen.

Ich erreichte 5,5/9, was nicht für einen Preis gut war. Das Problem war einfach, dass ich mich gegen Ende des Turnieres unter Wert verkaufte. Die ersten sieben Runden (a fortiori die ersten fünf) dürften dagegen mein bislang bestes Schach überhaupt gewesen sein. Ich möchte mein Turnier Runde für Runde zusammenfassen:

1.Runde:

Unterbrochen durch einen Feueralarm, auf welchen das Spiellokal für eine halbe Stunde evakuiert werden musste. Ich erhalte als Gegner Tino Kornitzky zugelost. Absurd, wo wir dieses Jahr bereits beim Pfalz-Open gegeneinander gespielt haben! Von den übrigen Teilnehmern kenne ich genau drei Personen. Jedenfalls wirkt Tino, der mich in Neustadt am Rande einer Niederlage hatte, diesmal müde und verliert schnell.

2. Runde:

Während ich vor meiner Partie gegen den Münchner Raimund Strobl wartend am Brett sitze, kommt mir in den Sinn, dass ich mal wieder in der Eröffnung experimentieren könnte. Im Ergebnis steht dann der Zug 1.c4 von Weiß auf dem Brett. Ich verbrauche in der Eröffnung viel Zeit; die entstehende Stellung ist aber okay für mich. Im Mittelspiel zieht Strobl 25…Kf7, worauf sich langsam, aber keinesfalls zwangsläufig, ein weißer Königsangriff entfaltet. Im 42. Zug gibt Schwarz mit einem Turm weniger auf.

3. Runde:

Ich treffe zum ersten Mal auf einen wertungsstärkeren Gegner, gleich die Nummer 2 der Setzliste: Michael Fedorovsky (Elo 2478). Die Partie beginnt als Damengambit mit 5.Lf4, eine Variante, in der ich in der Vergangenheit einiges Lehrgeld zahlen musste. Diese Partie verläuft anders: Der internationale Meister holt nichts aus der Eröffnung heraus und bietet im 19. Zug Remis.

4.Runde:

In der vierten Runde habe ich Weiß gegen Markus Schimpf, einen DWZ- und titellosen Spieler mit einer Elo-Zahl von 2300. Bereits in der Eröffnung kommt es zu einer dreimaligen Stellungswiederholung.

5.Runde:

Etwas weiter hinten im Turniersaal treffe ich auf Ferdinand Xiong, einen Jugendlichen mit einer ähnlichen Wertungszahl wie ich. Aus dem Franzosen entsteht ein Endspiel, wo ich zum Ausgleich für meine Bauernschwächen über aktives Figurenspiel verfüge. Mein Gegner verteidigt sich unpräzise und stellt in bereits verlorener Stellung die Qualität ein. Dies dürfte meine beste Partie in München gewesen sein, vielleicht aber auch die aus der zweiten Runde.

Zwischenfazit:

So bin ich also mit 4/5 gestartet. Es war klar, dass nun wieder stärkere Gegner auf mich zukommen würden; aber ich fühlte mich für die Auseinandersetzung gerüstet, da ich ja in den vorangegangenen Partien kaum je schlechter gestanden war. Wieso also erreichte ich nur noch 1,5/4? Wohlgemerkt gegen einen über 50 DWZ niedrigeren Gegnerschnitt als in den anfänglichen Runden? Jedenfalls lief das Weitere sogar bis zur 8. Runde noch nach Plan.

6.Runde:

Meine erste Niederlage, gegen Thomas Reich. Allerdings immer noch eine, mit der sich leben lässt: In einer Art Igelstellung gruppiert der IM geschickter um, und erhält leicht die bessere Stellung. Ich versuche mich mit einer Kombination zu befreien, die allerdings ein Loch hat: Schwarz verbleibt mit zwei Läufern und einem Turm für die Dame, sodass ich bald aufgeben muss.

7.Runde:

Ich bekomme gleich einen Gegner mit deutlich niedrigerer DWZ, den Junioren David Austrup aus Münster, der ein starkes Turnier spielt. In der schottischen Partie entsteht ein in der Eröffnungstheorie bekanntes damenloses Mittelspiel, in dem Schwarz zum Ausgleich für seine Bauernschwächen den Vorteil des Läuferpaares genießt. Der letztlich herausgespielte Sieg des Nachziehenden ist nicht besonders souverän; ich fühle mich erst wieder wohl, als es daran geht, mit Mehrfigur die weiße Festung einzureißen.

Die Situation vor dem zweiten Wochenende:

Mit 5/7 (und ausgezeichneter Buchholz) standen die Chancen gut, unter die ersten zehn und damit in die Preisränge zu kommen. Mir stand klar vor Augen, dass dafür sechs Punkte reichen würden, ich also selbst mit einer Niederlage in der nächsten Runde noch Chancen hätte. Mit einem Sieg konnte ich dagegen alles klarmachen. Und im Ernst: Ein Gegner ohne besonders hohe Wertungszahl und mit der schlechtesten Buchholz? Mit 1/3 gestartet und dann nur schwächere Gegner gehabt? Würde mir der wirklich die zweite Weißniederlage nacheinander beibringen können? Ehrlich gesagt, sorgte ich mich eher, dass ich Remis spielen und dann in der Schlussrunde Pech haben könnte. 5,5/9 würden wohl kaum reichen. Also: Kein Kurzremis!

8.Runde:

Dies ist die einzige Partie im ganzen Turnier, mit der ich wirklich restlos unzufrieden bin. Ich muss allerdings gestehen, dass ich dieses Jahr auch schon schlechter gespielt habe. Jedenfalls geht mein Gegner Artur Schelle den scharfen Abspielen in der Eröffnung aus dem Weg, so dass aus der holländischen Verteidigung eine eher königsindisch angehauchte Stellung entsteht. Im frühen Mittelspiel ziehe ich 12.d5, was es dem Schwarzen erlaubt, alle seine Figuren mit Tempo ins Spiel zu bringen. Nachdem noch ein paar fragwürdige Entscheidungen hinzugekommen sind, steht Weiß miserabel. Mein Gegenüber erlaubt mir, mich in ein schlechteres Endspiel zu retten. Dort stelle ich dann einen Bauern ein und breche zusammen.

9.Runde:

In der letzten Runde treffe ich auf den soliden Peter Bohnhoff, ursprünglich Mainzer, der bereits an einigen Turnieren in der Pfalz teilgenommen hat. Von der Papierform her ist die Sache machbar, aber wenn der Gegner nun so gar nichts riskiert… Im Abtauschslawen verwechselt er die Varianten, und ich erhalte bequemes Spiel. Dann unterläuft mir jedoch ein Fehler, der zu einem schlechteren Endspiel abwickelt. Besser, ich nehme sein Remisangebot an.